Vita

"… sie spielte mit fast weltabgerückter Tiefe…

…und doch mit einer Lebendigkeit, die dem Stück (G-Dur Suite von J. S. Bach) so viel neues Profil verlieh, dass man vermeinte, es noch nie gehört zu haben …“

Dies schrieb die Hannoversche Allgemeine Zeitung über die damals 20-jährige Cellistin Jessica Kuhn. Sie hatte bereits die großen Cellokonzerte als Solistin mit Orchester aufgeführt, so von Elgar, Dvorak, Saint-Saens und Haydn und die Rokoko-Variationen von Tschaikowsky. Konzertreisen führten sie in berühmte Konzertsäle wie die Laeiszhalle Hamburg, die Oetkerhalle Bielefeld und das Odeion-Athenon Athen, zum Schleswig-Holstein-Musikfestival und zum International Young Artists Peninsula Music Festival Palos Verde/Los Angeles.

Vita

Jugend

Schon als Jugendliche beschloss Jessica Kuhn, keine Orchesterlaufbahn einzuschlagen, sondern als Cellistin eigene, selbstbestimmte Wege zu gehen. Prägend war eine Konzertreise durch Israel mit dem Chor der Neanderkirche Düsseldorf unter der Leitung von Oskar Gottlieb Blarr. Die damals 9-jährige sang neben Bach-Kantaten ein Werk des 1924 geborenen Sergiu Natra. Der Grundstein für Jessica Kuhns Begeisterung für Neue Musik war gelegt.

Studium

Nach dem Abitur studierte sie in Deutschland und den USA, wo sie unter anderem von Wolfgang Mehlhorn, Zara Nelsova und Eldar Issakadze ausgebildet wurde. Bei Meisterkursen arbeitete sie mit Frans Helmerson, Daniel Shafran und mit Mitgliedern des La Salle-, Amadeus- und Guarneri-Quartetts.

2001 absolvierte sie ihr Konzertexamen bei Natalia Gutman in Stuttgart.

Kammermusik

In dieser Zeit spielte sie im Duo mit dem mittlerweile als Liedbegleiter bekannten Pianisten Wolfram Rieger, und im Georgischen Kammerorchester unter der Leitung von Liana Issakadze. Konzertreisen führten sie unter anderem nach Amsterdam ins Concertgebouw.

Neue Musik und Tango

Nach Abschluss dieser intensiven Studienzeit zog sich Jessica Kuhn für vier Jahre bewusst aus dem klassischen Musikbetrieb zurück und widmete sich unbekannten Werken der Neuen Musik und der Musik des Tango. Sie konzertierte im Duo mit dem uruguaischen Bandoneonisten und Komponisten H. Ulises Passarella (Solist in der Filmmusik zu "Il Postino", 1996 "Oscar" für die beste Musik), leitete von 2001-2004 den ersten, von ihr ins Leben gerufenen Tango-Interpretationskurs in München und gründete 2001 das Streichquintett "Tango Infinito". Es erfolgte eine CD-Produktion (Antes) und Konzertauftritte in Deutschland und Italien.

Von der Renaissance- bis zur zeitgenössischen Musik

Mit ihrer CD-Einspielung 2005 (Thorofon), die begeisterte Resonanz bei Presse und Publikum hervorrief, kehrte Jessica Kuhn zum klassischen Musikleben zurück: Sie gestaltete die erst zweite Gesamteinspielung des Werks für Violoncello solo "Trilogia" von Giacinto Scelsi und die Ersteinspielung des Solostücks "Ask havasi" von Franghiz Ali-Zadeh. Mit der Entdeckung und Aufführungen unbekannter Werke von der Renaissance- bis zur zeitgenössischen Musik hat sich Jessica Kuhn mittlerweile einen Namen gemacht.

Sie spielte mehr als 50 Uraufführungen in verschiedenen Ensembles, als Kammermusikerin und als Solistin.

Zahlreiche Rundfunkmitschnitte beim BR, WDR, ORF und DLF sowie Fernsehaufzeichnungen und CD-Aufnahmen liegen von ihr vor.

Ensembles

Seit 2008 ist Jessica Kuhn Solocellistin des Bayerischen Kammerorchesters und Mitglied des „Ensemble Plus“, Bregenz. Seit 2015 ist sie zudem Mitglied der Solistenensembles „Das Neue Ensemble“, Hannover und „Klangforum“, Heidelberg.

Gastverpflichtungen führen Jessica Kuhn häufig zum Kölner Solistenensemble für Neue Musik „Musikfabrik“. Sie spielte außerdem als Gast (Solocellistin) beim Münchner Kammerorchester und der Camerata Salzburg.

Konzertauftritte

Ihre europaweite Konzerttätigkeit führt sie in berühmte Säle und zu internationalen Festivals, unter anderem Barbican Center, London, Teatro alla Scala, Mailand, Philharmonien von Köln und Berlin sowie Musikfest Berlin, Agora Festival Paris, Festival op. 52, Nischni-Nowgorod. Sie arbeitet dabei mit den Dirigenten Peter Eötvös, Peter Rundel und Enno Poppe, sowie den Komponisten Harrison Birtwistle und Helmut Lachenmann zusammen, um nur einige zu nennen.

Barockcello

Seit 2013 widmet sich Jessica Kuhn ebenfalls ihrem Barockcello und Piccolo Cello und gründete das Duo Bel´ Cello & Gambello mit dem Gambisten Arno Jochem de La Rosée. Das Duo gestaltet grenzüberschreitende Programme: Neben Musik des 16. bis frühen 18. Jahrhunderts werden englische und schottische Folklore sowie traditionelle syrische Musik miteinbezogen. Häufig erweitert um eine Theorbe, Orgel oder ein Cembalo.

Jessica Kuhn konzertierte außerdem zusammen mit der Blockflötistin Dorothee Oberlinger in der Philharmonie Berlin.

Konzertreihe sonorizzonte

2013 gründete Jessica Kuhn die Münchener Konzertreihe sonorizzonte, in der sie ihr breitgefächertes Repertoire von der Barockmusik bis zur Musik des 21. Jahrhunderts und ihre musikalischen Entdeckungen präsentiert. “Die Musikentdeckerin” titelte die Süddeutsche Zeitung nach dem Eröffnungskonzert.

Die Konzertorte sind Schloß Nymphenburg, die Alte Hofkapelle der Residenz, der Sophiensaal sowie Kirchen im Umland Münchens.

ensemble sonorizzonte

2017 rief Jessica Kuhn das ensemble sonorizzonte ins Leben – ein in wechselnden Formationen auftretendes Solistenensemble. ensemble sonorizzonte richtet seinen Fokus auf die Musik des 20. und 21. Jahrhunderts sowie auf die Barockmusik.

Kompositionsaufträge

Seit 2015 erteilte Jessica Kuhn im Rahmen von sonorizzonte vier Kompositionsaufträge: an die aserbaidschanische Komponistin Franghiz Ali- Zadeh und an die Münchener Komponisten Rudi Spring, Johannes X. Schachtner und Moritz Eggert.

Mit einigen ihrer Konzertprogramme wurde sie bereits nach Bregenz, Turin und Valencia eingeladen. Auf sehr positive Resonanz stoßen die Konzerteinführungen von Jessica Kuhn, die sie auch auf englisch, italienisch und spanisch hält.

Aktuelles

Im Mai 2018 fand eine Tournee nach New York und in verschiedene Städte Kanadas zusammen mit dem Klangforum Heidelberg statt.

2019: Auftritt beim Beethovenfest Bonn mit dem Klangforum Heidelberg sowie eine CD-Produktion von Werken des griechischen Komponisten Nicolas Tzortzis zusammen mit dem Neuen Ensemble Hannover.

Kurz vor dem lockdown, im Februar 2020, fand eine Tournee nach Beiruth, Libanon, mit der Camerata Salzburg statt. Jessica Kuhn gastierte dort als Solocellistin.

Im Herbst 2021 gab es ein Comeback der coronabedingt verstummten Konzertreihe sonorizzonte: Ein Duo-Prgramm für Sopran und Cello sowie Solowerke für die beiden Instrumente mit Musik von 1950 bis heute. Und ein Barockkonzert des Duos Bel´ Cello & Gambello. Das Duo erhielt dafür ein Stipendium des deutschen Musikrats.

2022 und 2023 waren und sind geprägt von zahlreichen Konzerten und Mitschnitten (live und Aufzeichnungen) beim DLF, ORF und BR 4 des Neuen Ensembles, des ensemble plus und des Bayerischen Kammerorchesters.

2022 fand eine Konzerttournee und CD Aufnahme in Bergen/Norwegen mit dem Klangforum Heidelberg statt sowie Konzertreisen nach Rouen und Bologna mit dem Neuen Ensemble.

2023 spielte Jessica Kuhn beim Paganini Festival in Carro/ La Spezia zusammen mit dem PIanisten Roberto Issoglio.

Im Februar 2022 erschien Jessica Kuhns Celloschule für Kinder "Billy Bogen und Gwindi Greifhand" im Holzschuh Verlag.

Im November 2023 findet zum ersten Mal Jessica Kuhns Workshop "Klangwelten entdecken" im Bürgerhaus Pullach statt - ein Improvisations- und Kompositionskurs für Kinder und Jugendliche. Leitung: Jessica Kuhn und Benedikt Brachtel.

Herkunft und Wegweisendes

In Düsseldorf geboren prägten ihre Mutter, freiberufliche Sängerin, sowie ihr Großvater, stellvertretender Konzertmeister des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks unter Rafael Kubelik und Eugen Jochum, ihre musikalische Ausbildung. Wegweisend waren die Begegnungen mit Jacqueline du Pré, mit der sie als Jugendliche im Briefkontakt war, und mit Giora Feidman, den sie beim Meisterkurs „Everybody is a singer!“ in Lübeck kennenlernte.

Instrumente

1997-2004 wurde sie von der Stiftung Kunst und Kultur der Sparkasse Bielefeld gefördert und spielte – als Leihgabe der Stiftung – ein Cello von Andreas Guarnerius, 1695, Cremona.

Aktuell spielt sie ein Cello von Joseph Gaffino, Paris 1752, ein Barockcello von Thomas Smith, London 1762 und ein Piccolo Cello.

Jessica Kuhn lebt in München und auf Frauenchiemsee.
Stand: November 2023